Montag, 4. August 2014

MH17: ARD-Presseclub grätscht rein.

Blutgrätsche. Vier Main-Streamer ohne Beweise gegen einen Russen. Amerikanische Geheimdienstler sprechen über diese Taktik. 

Der zerbrochne Krug
„Fünf Runden Sanktionen gegen Russland, um das Land wegen der Ukrainepolitik zu bestrafen, doch dann kam der mutmaßliche Abschuss der Boeing…. eine Zäsur…“. Das ist der Einstieg von Sonja Seymour Mikich, die sich merklich unwohl mit dieser Plattheit fühlt. Einstieg in einen ARD-Presseclub, der sich mit den Folgen der NATO/EU-Sanktionen gegen Russland befassen soll. Zum Scheitern verurteilt, wenn nicht die Ursachen der Situation diskutiert werden: Wer hat den Putsch in der Ukraine organisiert und das nach wie vor illegale Regime finanziert? Wieso Sanktionen ohne UNO und aufgrund von im Westen erfundenen – wie man selbst zugeben muss - Indizien, die vor keinem Amtsgericht Bestand hätten? Eine Komödie von Kleist´scher Konstellation: Die Richter richten über ihre eigenen Taten.
Die ganzen Plattitüden bedürfen keiner weiteren Analyse. Keine Beweise. Selbstgerechte Lügner. Erstklassige Journalisten gehen da schon lange nicht mehr hin. Als Ersatz werden vom Großkapital finanzierte Lobbyisten wie Liana Fix eingeladen. Mehr muss man auch zu der Fix nicht sagen. Doch wie die Lügner agieren ist so exemplarisch, dass es die Beweisaufnahme wert ist. Am Vorabend der letzten Weltkriege gab es diese Möglichkeit noch nicht. 

Im Kaffeesatz gelesen
Völlig schmerzfrei und schamlos die Akteure Daniel Brössler von der SZ und in einer Nebenrolle als arroganter Stichwortgeber Ch. v. Marschall vom Tagesspiegel. Brössler stellt SZ-Kornelius noch in den Schatten, der einst über „Fuck the EU“-Nuland tatsächlich schrieb: „Keine sorgt sich so leidenschaftlich und durchsetzungsstark um die Europäische Union. Wenn die Europäer einen Anwalt in der Obama-Administration haben, dann Nuland.“ Brössler studierte Journalistik u. a. in Washington. Warum das erwähnenswert ist, werden wir unten sehen. Er ist jetzt in Brüssel für EU und NATO zuständig; oder die für ihn? Statt kritischer Hinterfrager zu sein, empfahl er sich bereits früher als engagierter Repräsentant der NATO- und EU-Politik mit gefestigtem Klassenstandpunkt: Der Westen müsse Putin Grenzen setzen und über Russland müsse der Ausnahmezustand verhängt werden. Es ginge dabei weniger darum, Putin zu beeindrucken, als jeden Anschein von Normalität zu vermeiden. „Außerhalb der Grenzen der NATO wäre sonst in Osteuropa und Zentralasien niemand mehr vor Putin sicher.“ So wie der SPIEGEL seine Hetze gegen Russland damit entschuldigen möchte, seine Position ähnele der der Bundesregierung, beruft sich der SZ-Mann Brössler im Presseclub nun darauf, alle Regierungen der EU wären der Überzeugung Putin beliefere die Separatisten mit Waffen.
Indizien-Brössler
Der Brüssler Brössler gestern wörtlich: „Es gibt eine Fülle von Indizien. Die westlichen Regierungen sind mittlerweile wirklich überzeugt davon, dass es ungebrochen einen Fluss von schwerem Kriegsgerät aus Russland in die Ukraine gibt.“ Ich wiederhole: „ungebrochen - einen Fluss - von schwerem Kriegsgerät - aus Russland in die Ukraine“. Jedes Kleinkind würde hier fragen: "Woher willst´n das wissen?" An der Stelle aber verhindert Sonja Mikich die Bloßstellung des Fanatikers: „Ich grätsche jetzt ganz grausam dazwischen…“ und weiter geht’s mit den Sanktionen. Unfassbar, das ist die SZ bei der auch Heribert Prantl arbeitet. Nur kurz zu dem anmaßenden Naseweis Ch. von Marshall (Tagesspiegel) der im Presseclub wie schon zwei, drei Mal in diesem Jahr, immer wenn es gegen Russland geht, so auch diesmal die Folgen herunterspielt: „Wenn wir mit Russland nichts mehr handeln, na und, dann haben wir eben ein Jahr kein Wirtschaftswachstum und nächstes Jahr dann wieder drei Prozent.“ Bewundernswert die Kombination von keine Ahnung, Dreistigkeit und Wichtigtuermine des „Experten“. Berechnungen, Beweise. Wozu?

Fachwissen 
Stellen wir diesen „Experten“ (aus der Reihe der Terrorexperten wie Rainald Becker oder Theveßen) mal Fachleute gegenüber. Zum Verbund der Themen Beweise, Flugzeugabschuss und Propaganda äußern sich Frauen und Männer die es wissen, hochrangige erfahrene Geheimdienstler der USA, nämlich die VIPS Steering Group mit William Binney, ehem. Technical Director, World Geopolitical & Military Analysis, NSA; Mitbegründer, SIGINT Automation Research Center (ret.); Larry Johnson, CIA & State Department (ret.); Edward Loomis, NSA, Cryptologic Computer Scientist (ret.); David MacMichael, National Intelligence Council (ret.); Ray McGovern, ehem. US Army infantry/intelligence officer & CIA Analyst (ret.); Elizabeth Murray, Deputy National Intelligence Officer für Nahost (ret.); Coleen Rowley, Division Counsel & Special Agent, FBI (ret.); Peter Van Buren, U.S. Department of State, Foreign Service Officer (ret.); Ann Wright, Col., US Army (ret.); Foreign Service Officer (resigned).
Ihr Memo für den Präsidenten der USA sagt u. a.

Die Spannungen zwischen USA und Russland wegen der Ukraine sind prekär und wir sind weit davon entfernt, dass unsere Berater die ganze Tragweite der Eskalation verstehen. Die New York Times und andere Medien behandeln heikle umstrittene Informationen pauschal als Fakten und bekommen ihre Stichworte aus Regierungequellen der USA. Zwölf Tage nach dem Abschuß der MH17 hat unsere Regierung noch keine koordinierte geheimdienstliche Einschätzung herausgegeben, welche Beweise denn existieren, die die Verantwortung für den Abschuß feststellen - geschweige denn eine überzeugende Unterlegung der wiederholten Behauptungen, das Flugzeug wäre von einer von Russland gelieferten Rakete in den Händen der ukrainischen Separatisten abgeschossen worden...

Russland schwarzmalen
Wir sehen eine gespenstische Ähnlichkeit zu einer früheren Aktion der „öffentlichen Diplomatie“ der USA aus der wertvolle Lehren ziehen kann, wer mehr an der Wahrheit interessiert ist als daran, tragische Ereignisse für Propagandazwecke auszuschlachten. Wir beziehen uns auf das Verhalten der Reagan-Administration in unmittelbarer Folge des Abschusses von Flug 007 der Korean Airlines über Sibirien am 30. August 1983. Wir umreißen im Folgenden kurz die tragischen Affäre, da wir vermuten, Sie sind nicht entsprechend gebrieft. Die Parallelen werden Ihnen offensichtlich werden. Ein Vorteil unserer langen Dienstzeit als Geheimdienstbeamte ist, daß wir erinnern was wir am eigenen Leibe erlebt haben: Selten vergessen wir Schlüsselereignisse in denen wir Analysten waren oder eine andere Rolle spielten. Um es so zu sagen, die meisten von uns „wissen genau wo wir waren“ als ein sowjetisches Kampfflugzeug die Passagiermaschine Flug 007 der Korean Airlines über Sibirien am 30. August 1983 abschoss, vor 30 Jahren. Damals waren wir Geheimdienstoffiziere im „aktiven Dienst“. Sie waren 21, viele in Ihrer heutigen Umgebung waren noch jünger. Deshalb scheint es möglich, daß Sie zu ersten Mal erfahren sollen wie die KAL 007 Affäre, sozusagen niederging; daß Sie sich mehr bewusst werden über die ernsten Auswirkungen für die Beziehungen USA-Russland bezüglich des Absturzes der MH17. Und dass Sie es als wertvoll ansehen mögen, die Beziehungen zu Moskau davor zu bewahren in ein Stadium des kompletten Verfalls zu stürzen. Aus unserer Sicht stellt die strategische Gefahr alle anderen Überlegungen in den Schatten.
Stunden nach dem tragischen Abschuss am 30. August 1983, nutzte die Reagan-Administration ihre ganze perfekte Propagandamaschine, alle verfügbaren Geheimdienstinformationen auf eine Schuld der Sowjets an der Tötung aller 269 Menschen an Bord von KAL007, hin zu verbiegen. Der Airliner wurde abgeschossen nachdem er hunderte Meilen vom Kurs abwich und in den russischen Luftraum über militärisch sensiblen Einrichtungen in Kamtschatka und der Insel Sachalin eindrang. Der sowjetische Pilot versuchte der Maschine zu signalisieren sie solle landen, aber die KAL-Piloten reagierten nicht auf die wiederholten Warnungen. Inmitten der Verwirrung, ein US-Spionageflugzeug war Stunden zuvor bereits in der Nähe, ordnete die sowjetische Bodenkontrolle den Abschuss an. Die Sowjets realisierten bald, daß sie einen schrecklichen Fehler begangen hatten. Die US-Aufklärung wusste ebenfalls aus sensiblen Mitschnitten, daß die Tragödie aus einem Schnitzer resultierte und nicht aus einem absichtlichen Akt von Mord (so wie Präsident Ronald Reagan den Abschuß einer iranischen Zivilmaschine am 3. Juli 1988 über dem Persischen Golf durch die USS Vincennes, bei dem 290 Menschen getötet wurden, herablassend zum „verständlichen Unfall“ erklärte). Um aus dem Abschuß von KAL007 den schwärzesten Fall gegen Moskau zu machen, unterdrückte die Reagan-Administration die Entlastungsbeweise aus der elektronischen Aufklärung der USA. Washingtons Mantra wurde „Moskau hat vorsätzlich eine zivile Passagiermaschine abgeschossen“. „Newsweek“ brachte eine Titelseite auf der prangte „Mord am Himmel“. (Offenbar hat sich nicht viel geändert; der Titel von TIME diese Woche lautet „2. Kalter Krieg“ und “Putins gefährliches Spiel”. Die Titelstory von Simon Shuster „in Rußland, Verbrechen ohne Strafe“ würde ein A-plus verdienen in Randolph Hearsts „Einmaleins des Boulevardjournalismus“). Als KAL007 abgeschossen wurde, war Alvin A. Snyder, Direktor der Fernseh- und Film-Abteilung der „U.S. Information Agency“, eingebunden in die konzertierte Aktion „So viel Schmähung wie möglich auf die Sowjetunion laden.“, sagte Snyder in seinem 1995 erschienenen Buch “Warriors of Disinformation.” („Krieger der Desinformation“) Er und seine Kollegen heimsten sich auch ein A-plus dafür ein, wie sie die „Mainstreammedien“ auf Linie brachten. Zum Beispiel sagte Ted Koppel von ABC voller Stolz:
„Das war eine der Situationen wo es kaum einen Unterschied gab zwischen dem was die Propagandaorgane der US-Regierung und das was die kommerziellen Sender ausstießen.“

Insofern darf man der ARD für die eigene und die Entlarvung Brösslers dankbar sein.
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