Sonntag, 14. Juli 2013

Geheimdienste III: Die Lüge von den Aktenkilometern

NSA = MfS x 4 Milliarden
Teil 3 unserer Serie Geheimdienste

Kluge Köpfe haben die durchaus zutreffende Behauptung der Kanzlerin, man dürfe die Staatssicherheit der DDR nicht mit der NSA vergleichen, mit Zahlen unterlegt.



Gehe zu Stasi versus NSA. Realisiert von OpenDataCity (CC-BY 3.0)

„Laut einem Bericht des NPR, wird das Datenzentrum der NSA in Utah 5 Zettabytes (5 Mrd. Terabyte) speichern können. Unter der Annahme, dass ein Aktenschrank 0,4 m² Platz benötigt und 60 Aktenordner (= 30'000 Seiten Papier), also etwa 120 MB Daten fassen kann, würde das Utah-Rechenzentrum ausgedruckt etwa 17 Mio. Quadratkilometer Platz verbrauchen. Damit kann die NSA fast 1 Milliarde Mal mehr Daten erfassen als die Stasi!“

Sie gehen allerdings von 200 laufenden Kilometer Akten der Staatssicherheit aus und damit der Propaganda der Westgeheimdienste auf den Leim. In ihrem Buch „Freischützen des Rechtsstaats - Wem nützen die Stasiunterlagen und Gedenkstätten?“ Stellen Herbert Kierstein/Gotthold Schramm die Zahlen klar. Quelle: jW 2009. 

„So wird beispielsweise bis heute die Zahl der tatsächlich bespitzelten DDR-Bürger, die Opfer einer ‚Operativen Personenkontrolle‘ wurden, geheimgehalten, weil mit ihr vermutlich das Bild von den flächendeckend kontrollierten Bürgern nicht aufrechtzuhalten wäre.“ …“Gleichzeitig waren alle geheimdienstlichen Erkenntnisse über die Bundesrepublik streng geheim, sie stehen der kritischen Aufarbeitung nicht zur Verfügung. 
Zu den Fakten
„Seit geraumer Zeit geistert die 2006 von Frau Birthler kolportierte Zahl der Aktenkilometer durch die Medien. Jene 180000 laufenden Meter sollen anschaulich die These von der ‚flächendeckenden Überwachung‘ stützen. Unter der Ägide Pfarrer Gaucks tauchten in der BStU erstmals Zahlen auf, die in ihrer Summe einen Bestand von 177950 Metern ergaben. Bis zu jenen 180 Kilometern von Frau Birthler fehlten damals also 2050 Meter. Nimmt man an, daß unser holzhaltiges Papier 0,2 mm je Blatt maß (was gewiß zu hoch angesetzt ist, aber sei's drum), dann entspräche dies rund zehn Millionen Blatt Schriftgut. Wo kamen die plötzlich noch her? Vermutlich hat man die Zahlen so frisiert wie die Arbeitslosenstatistik oder die Inflationsrate nach der Euro-Umstellung.“

Im 8. Tätigkeitsbericht der Behörde wird der Aktenbestand im April 2007 so angegeben:

Zentralstelle und Außenstellen gesamtlfd. Meter
Archivbestand (Abteilung XII) [Schriftgut einschließlich Mikrofiches, Filme, Disketten usw.] 
49554
Unterlagen der Diensteinheiten [Schriftgut einschließlich Karteien des MfS und spezieller Datenträger im unerschlossenen Bestand]
62428

Karteien
11744

Gesamt 123726

Demzufolge fehlten 2007 Frau Birthler schon mehr als 56 Kilometer oder 280 Millionen Blatt Aktenmaterial an den angeblichen 180 Aktenkilometern. Die Differenz erklärte sie mit Nachmessungen.“
„Lösten sie sich etwa ähnlich in Luft auf wie Teile der Akten von Rainer Eppelmann? Als der Expfarrer noch im Bundestag saß, erklärte er 1992 gegenüber dem Stern sein Erstaunen, daß die Kontakte zu CIA-Mitarbeitern aus seiner Akte bei der BStU verschwunden seien. Hat eine Institution nach Eppelmanns Akte gelangt und diese bereinigt, weil das Gesetz es befahl? Nach Paragraph 37 (1) Ziffer 3 Buchstabe c und d des ‚Stasiunterlagengesetzes‘ (StUG) sind geheimzuhalten und gesondert zu verwahren: Unterlagen über Mitarbeiter von Nachrichtendiensten des Bundes, der Länder und der Verbündeten sowie Unterlagen über Mitarbeiter anderer Nachrichtendienste bzw.“ … „Verhält es sich so, dann bedeutet dies, daß vermutlich alle Akten von ehemaligen DDR-Bürgern, die … bewußt oder unbewußt mit Geheimdienstmitarbeitern oder von diesen geworbenen Spionen in Kontakt standen, entsprechend ‘bereinigt‘ wurden.“

Essensmarken zu Stasiakten 

„Damit nicht genug. Offenkundig schlug man auch fremde Akten der ‚Stasi‘-Hinterlassenschaft zu. … ‚Nicht alle in Paragraph 6 StUG als Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes bezeichneten Informationsträger, die in den von der Bundesbeauftragten verwalteten Archivablagen vorhanden sind, entstanden beim MfS selbst. Ein Teil hiervon sind Akten von Gerichten und Staatsanwaltschaften der DDR, die dem Staatssicherheitsdienst überlassen worden sind. Dabei handelt es sich etwa um Gerichtsakten von Staatsanwaltschaften und um Strafakten der allgemeinen Kriminalität. (...) Ebenfalls zu den nicht beim MfS entstandenen Ablagen gehören die Gefangenenakten der Verwaltung Strafvollzug des DDR-Ministeriums des Innern oder archivierte Akten zu einer Reihe von Verurteilten der Sowjetischen Militärtribunale.‘…Verschwiegen wird ferner, um wie viele Akten dieser Herkunft es sich handelt. Es finden sich keine Meterangaben. Also weiß man auch an dieser Stelle nicht, wie viele Aktenbündel abgezogen werden müssen, wenn man wahrheitsgemäß über den tatsächlichen Umfang von ‚Opfermaterialien‘ redet oder schreibt.“…“Sowohl unter Gauck als auch unter Birthler wurden Inhalt und Charakter der Unterlagen des MfS in den Tätigkeitsberichten prinzipiell verschleiert. … Tatsächlich endeten lediglich 30 Prozent der OV mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Also zwei von drei Operativen Vorgängen erwiesen sich als strafrechtlich nicht relevant und wurden eingestellt….Aus dem gleichen 1995er BStU-Bericht stammen auch die Angaben über die von der Hauptabteilung IX (HA IX) zwischen 1950 und 1989 archivierten Untersuchungsvorgänge (UV), also Ermittlungsverfahren. Insgesamt 17544 wurden in diesem Zeitraum archiviert. Auch hier fehlen charakterisierende Kriterien, die eine Beurteilung des Verfahrens erlaubten: Einleitungstatbestand (welche Paragraphen des StGB/DDR wurden im Schuldvorwurf genannt?).“
Weitere "Rechenfehler" von Birthler und Gauck:
„In der Rubrik: Unterlagen der Diensteinheiten (Schriftgut einschließlich Karteien des MfS und spezieller Datenträger im unerschlossenen Bestand) sind Diensteinheiten erfaßt, die keinen unmittelbaren Bezug zur operativen Arbeit hatten, wie Kaderabteilung, Parteileitung, Medizinischer Dienst, Finanzen, Auswertungs- und Informationsgruppen, Wach- und Sicherungseinheiten, Baubetriebe und Randbereiche bis hin zur Sportvereinigung Dynamo. Deren Materialbestand beläuft sich auf insgesamt rund 14000 laufende Meter….Etwa 50000­* Akten über Objekte und Personen gegnerischer Geheimdienste und anderer gegen die DDR tätiger Zentralen (ohne Angabe der laufenden Meter)… Im Archiv des MfS befinden sich des weiteren Unterlagen und Beweisdokumente aus der Zeit des Faschismus. Diese Aktenbestände belaufen sich laut BStU auf 11000 Meter….Der Aktenbestand zu allen seit 1950 im MfS tätig gewesenen Mitarbeitern, Zivilangestellten sowie Unteroffizieren auf Zeit, die ihren Dienst im MfS versahen, beträgt etwa 12500 Meter….Ebenfalls im Archiv des MfS finden sich 1555 Meter Personalunterlagen des ehemaligen Wachregimentes ‚Felix Edmundowitsch Dzierzynski‘…..Letztlich wurden dem ‚Opferberg‘ auch noch rund 22000 Meter archivierter Unterlagen über abgelehnte Einstellungsvorschläge, Schriftgut, Karteien, Bild- und Tonträger aus dem gesamten Kaderbereich zugeschlagen….Matthias Wagner benannte in seinem Buch (Das Stasi-Syndrom, Berlin 2001 - d. Red.) eine weitere Kategorie: ‚…Die Verwaltung Rückwärtige Dienste, die zirka 12000 Meter abliefern sollte, brachte auch die abgerissenen Essenmarken, die über Monate erfaßt worden waren, ins Archiv. Aber da kein Stück Papier vernichtet werden durfte, blieben die Marken in den Akten.‘“
Nachvollziehbar wird die Zahlenspielerei des bundesdeutschen Partei- und Staatapparates wenn Kierstein/Schramm feststellen:
„Aber in den Tätigkeitsberichten der Behörde ging und geht es ja auch weniger um nachprüfbare Zahlen, sondern primär um Propaganda. Um Belege dafür, daß der politische Auftrag erfüllt wird. Daß die Steuermillionen als gut angelegt erscheinen. In der Politlyrik von Pfarrer Gauck las sich das 1994 so: Die DDR habe ‘zwar nicht wie das Dritte Reich Berge von Leichen hinterlassen, statt dessen aber nicht minder schreckliche Berge von Akten, die ganz schöne Hügel von Leichen und ein ganzes Gebirge von Entbürgerlichtem enthalten‘.“
Gaucks Böswilligkeit geht soweit, die von den Faschisten ermordeten Opfer mit Papier gleichzusetzen.

Lasst Zahlen sprechen
Nichtsdestotrotz bleiben in seiner Propaganda-Behörde (dreimal mehr Mitarbeiter als das ganze Bundesarchiv und doppelt so hohes Budget) lediglich noch max. 50 km relevante Akten aus der DDR. (NSA kann also 4 Mrd. mal soviel speichern wie die Staatssicherheit in
40 Jahren)  Von 1950 und 1989 wurden 17.544 Verfahren gegen DDR-Bürger betrieben, von denen die Gauck-Behörde nicht sagt, welche überhaupt zu strafrechtlichen Maßnahmen gegen die Betreffenden führten. Gesetzt den Fall, in 40 Jahren lebten in der DDR 30 Mio. Menschen, betraf dies in 40 Jahren weniger als 0,6%. Damit lässt sich schlecht Panik verbreiten und, wie der BND-Chef a. D. Kinkel 1991 forderte, die DDR delegtimieren. (Vergleiche USA, dort befanden sich in einem Jahr - 2008 2,3 Millionen ihrer Bürger im Gefängnis. Keiner weiß wieviele Verfahren dort laufen; nur, dass von den USA alle Bürger überwacht werden, wurde zugegeben. Cuban 5, Manning und Guantanamo sind genug Beleg für die politische Justiz der "Freunde" in den USA.)
Deshalb die aufgeblähten Aktenkilometer. Die heutigen Werkzeuge der Propaganda sind Demagogie, Verdummung und offenbar Hoffen auf die Rechenschwäche der Bevölkerung. Plus pseudo-präsidiales Bla-Bla des ehemaligen Aktenzählers, Großinquisitors und heutigen NSA-Verteidigers.


NSA-MfS - kein Vergleich
Übrigens im Gegensatz zu den Angehörigen der Staatssicherheit der DDR die sich nicht strafbar gemacht haben, brechen die Angehörigen der NSA deutsche Gesetze und sind durch die Staatsanwaltschaften zu verfolgen. Doch die sind im „Rechtsstaat“ Deutschland nicht unabhängig, sondern politisch weisungsgebunden. Wie war das mit dem Rechtsstaat?