Sonntag, 7. März 2010

Die DDR haftet an wie Pech

Auch Claudia Pechstein wird ihre Vergangenehit nicht los - die Ungnade der frühen Geburt in der DDR. Langsam sterben die aktiven DDR-Sportler aus, auf die man alles Schlechte projizieren kann. Da kommt diese widerborstige Pechstein wie gerufen. Die will einfach keine Ruhe geben, die Mittel des Rechtsstaates ausschöpfen und uns damit alle herausfordern. Doch unsere Schutz- und Sicherheitsorgane im engen Schulterschluss mit ihren informellen Mitarbeitern tun ihr Bestes. Blutkrankheit! Pah! Krank sind nur die vom verbrecherischen DDR-System arglos mit Chemie vollgestopften Sportler, die das auch der BILD anvertraut haben. Doch - gottseidank – hat es Doping in der Bundesrepublik so gut wie gar nicht gegeben; höchstens bei DDR-Rudimenten wie Jan Ullrich. Sonst hätte man es doch gelesen. Nun ja, da wurde mal einem BRD-Sportler was in die Zahnpastatube getan. Doch das war sicherlich der KGB. Unsere Reihen sind geschlossen. Wenn Doping nicht strafrechtlich verfolgt werden kann, erstattet die Stasiunterlagen- pardon Antidopingbehörde und die gesamtdeutsche Eislaufgemeinschaft eben Anzeige gegen Unbekannt. Die Widerspenstige muss doch zu zähmen sein. Satire - Ende, Realsatire - Start. Was spielt es da für eine Rolle, dass Doping in der BRD vor 1990 (also als BRD und DDR nebeneinander als souveräne, international anerkannte UNO-Mitgliedstaaten existierten) bis heute nicht aufgearbeitet ist. Oder, dass über den Doping-Ärzte-Skandal der Uni Freiburg ein bisschen berichtet werden musste? Was ist aus diesen Hintermännern des BRD-Dopings eigentlich geworden? Noch beim Team Milram? Noch Arzt? Keine zweijährige Sperre vom Gericht wie Pechstein sie bekommen hat? Seltsam. Wer denkt darüber nach, wenn im "Fall Pechstein" (!) „21 Durchsuchungen“, „in Bayern, Berlin und Thüringen“ und „stundenlange Verhöre“ durchgeführt werden?! Pech. Wem es noch nicht aufgefallen ist, Sport - inklusive Olympiade - ist ein Markt und auf dem herrschen die Gesetze des Marktes. Für alle. Sport ist aber auch eine politische Projektionsfläche und hat seine Geschichte. Vor 1989: Die DDR zieht ein flächendeckendes System der Talentsuche und kostenlosen Ausbildung an speziellen Sportschulen auf. Kaum ein Talent bleibt unentdeckt. Die Erfolge stellen sich ein. DDR-Sportler sind auf den Länderwertungen ganz vorn zu finden - als "Diplomaten im Trainingsnazug" (Heike Drechsler) und überflügelten die reiche BRD um Längen. Der Kampf der politischen Systeme im Sport ist in vollem Gange. Das bleibt nicht ohne Wirkung. Die Eishockeymannschaft der BRD durfte nicht gegen die DDR auflaufen, weil da deren Hymne hätte gespielt werden müssen. Ein BRD-DDR-Turn-Länderkampf wurde zum Desaster, weil BRD-Polizei die DDR-Fahne herunterholte. Ein DDR-TV-Moderator erklärte den erzürnten Zuschauern: "Das ist IHRE Polizei!" Nach 1989: DDR-Sport war nicht kostenloser Sport für alle. DDR-Sport ist gleich Doping. Was gibt es da nicht zu verstehen?